Marcel Vogels Gesellenstück ist ein raffinierter Würfelturm namens „Kubo“. „Im heißen Sommer stand ich morgens um sechs im Lackraum – später am Tag wäre der Lack viel zu schnell getrocknet.“ Marcel Vogel
Foto: David Frank Photograpie
Wir staunen Bauklötze. Hätte Marcel Vogel nicht gerade erst seine Gesellenprüfung absolviert, man könnte glauben, vor einem Meisterstück zu stehen. Sein turm förmiges „modulares Organisationsmöbel“ strotzt vor Lösungen, die zu Höherem geboren sind. „Der Vollholzauszug ist eigentlich eine Meisteranforderung“, erklärt der 21-Jährige nicht ohne Stolz. „Das wird von den Prüfern oft kri-tisch gesehen, weil man sich auf das konzentrieren soll, was gefordert ist.“ Aber der Ehrgeiz war einfach größer.
Darum hat er dem Schubkasten sogar eine Schwalben-schwanzzinkung spendiert. Den Massivholzanleimer aus Nussbaum musste er im Voraus für jedes Einzelteil auf Gehrung außen herumleimen, damit man dort an den Spitzen kein Hirnholz sieht. „Das war ein Wahnsinnsauf-wand im Vorfeld, aber er hat sich gelohnt.“ Andere Teile des Massivholzes hat er gefüllert, dann erst mattweiß und später klar lackiert. „Im heißen Sommer stand ich morgens um sechs im Lackraum – später am Tag wäre der Lack viel zu schnell getrocknet“, erinnert sich Marcel. Ein raffiniertes Detail ist die versteckte, in den Boden des Schubkastens eingefräste Fuge mit Riegel. Marcel hat die Konstruktion selbst entwickelt.
Foto: David Frank Photograpie
Der Geselle mit Abitur hat seinen Turm „Kubo“ getauft. Bei ihm zu Hause fungiert es als Eingangsmöbel, in dem alles verstaut ist, was man nicht sofort sehen soll. „Ich hab’s auch schon als Bar verwendet“, schmunzelt Marcel, „unten Flaschen, in der Mitte Gläser und oben Platz zum Anrichten.“ Zudem lassen sich die drei Module unterschiedlich aufstapeln.
Marcel wollte sein Gesellenstück schlicht machen, dafür aber handwerklich gut: „Alles inklusive der Türbänder sollte zeitlos sein, damit ich es auch in fünf Jahren noch anschauen kann.“ Der Eberdinger, der schon als Kind viel Zeit in der Schreinerwerkstatt seines Patenonkels verbrachte, ist mit seinem Stück Kammersieger der Region Stuttgart geworden und belegte Platz zwei in Baden-Württemberg. Wie es bei ihm weitergeht? „Wenn’s klappt, gehe ich eine Zeitlang zum Arbeiten und Lernen nach Kanada. Danach denke ich eher an eine Weiterbildung zum Meister oder Techniker als an ein Studium – bin nicht so der Auswendig-lern-Typ …“