Zwei Korpusse in Kreuzform: Das mag zunächst unscheinbar wirken, braucht aber eine Holzverbindung nach allen Regeln der Handwerkskunst. Jedenfalls, wenn es um das Meisterstück eines Schreiners geht. Thomas Deffner aus Wolferstadt-Hagau entschied sich bei seinem „DeLigno“ für einen selten anzutreffenden Klassiker: die Kreuzüberblattung auf Gehrung.
Foto: David Franck Photographie
Wenn Thomas gerade mal nicht in der Werkstatt steht, spürt er auch mal auf Äckern und in Wäldern verschollene Grenzsteine auf. Eine Dienstleistung, mit der sich unsichtbar gewordene Flurgrenzen wieder korrekt festlegen lassen. Dafür braucht er jede Menge Technik: Kamera und Objektive, Stativ, Prismenstab, GPS-Koffer, Toughpad, Spezialwerkzeuge für die Vermessung und einiges mehr. All das sollte im neu geschaffenen Büro sorgsam und griffbereit aufbewahrt werden. Und zwar in einem Möbel, das in Tiefe und Breite passgenau auf diesen Inhalt zugeschnitten ist. Damit hatte Thomas sein „Meisterprüfungsprojekt“ gefunden.
Auch dort spielt etwas Unsichtbares eine wichtige Rolle: die Verbindung der beiden sich durchdringenden Korpusse aus massiver Eiche. Denn es sollte eine klassische Holzverbindung sein, das war Thomas‘ Anspruch, als er das Highboard entwarf. Er entschied sich für die vergleichsweise seltene Kreuzüberblattung auf Gehrung. Wirklich erkennbar ist sie nur auf seiner Zeichnung. „Ich wollte die einfach mal ausprobieren, und das hat einigermaßen funktioniert“, schmunzelt er bescheiden, aber doch stolz.
Ohne sorgfältige Konstruktionszeichungen geht nichts bei der Meisterprüfung.
Foto: David Franck Photographie
„Ich wollte etwas bauen, das später nicht nur Platz wegnimmt. Sondern das man auch braucht.“ Thomas Deffner über sein Meisterstück
Als Trägermaterial für die Fronten wählte Thomas eine Stabsplatte, die er beidseitig mit Buchefurnier belegte, zweimal füllerte, schiefergrau lackierte und schließlich mit tief mattem Klarlack überzog, „damit man das fertige Teil vernünftig sauber halten kann“. MDF kam hier als Trä-germaterial wegen der benötigten Auszugsfestigkeit der Beschläge nicht infrage. Letztere stellte der 36-Jährige übrigens fast alle selbst aus Alu her – allen voran das dreidimensional verstellbare Möbelband, das er flächenbündig in eine zweistufige, gefräste Tasche einsetzte: „Das war mein Spleen, das Ding selber zu entwickeln, zu zeichnen und zu fertigen“, kokettiert er.
Thomas Deffner fertigte zunächst ein Miniaturmodell seines „DeLigno“.
Foto: David Franck Photographie
Öffnet man eine der grau lackierten, von Seilauszugsbegrenzern gehaltenen Klappen des Highboards, schaltet sich die Innenbeleuchtung ein, gesteuert über kaum sichtbare Fotozellen in der Rückwand. Auch sonst bietet Thomas‘ „DeLigno“ einige Raffinessen, etwa einen Tablarauszug hinter der unteren Tür, auf dem später der GPS-Koffer stehen soll. Der zentrale Schubkasten mit Inneneinteilung lässt sich mit einem an der Unterseite – also unsichtbar – verbauten Druckzylinderschloss verschließen. Und er bewegt sich selbstverständlich auf einem klassisch hochwertigen Vollholzauszug.
Die Korpuselemente sind mit einer offenen Schwalbenschwanzzinkung verbunden.
Foto: David Franck Photographie
Als Verbindung zwischen den einzelnen Korpuselementen wählte Thomas eine weitere klassische Holzverbindung: die offene Schwalbenschwanzzinkung. Dabei setzt er den vorderen und den hinteren Abschlusszinken jeweils auf Gehrung ab, um Front- und Rückwandfalz umlaufend fräsen zu können. Ach ja, warum eigentlich ein wandhängendes Möbelstück? Das hat eher einen raumpflegerischen Grund: „Weil sich die bessere Hälfte dafür relativ dankbar zeigt.“
Wo sich die beiden Korpusse durchdringen, kommt eine Kreuzüberblattung auf Gehrung zum Einsatz.